Gesundheit-nerd.de


Neue Erkenntnisse zur Ursache der Muskelschwäche bei ME/CFS: Eine Störung im Natriumhaushalt

Die chronische Erschöpfungserkrankung ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome) ist für Betroffene eine massive Einschränkung der Lebensqualität. Besonders charakteristisch ist die sogenannte Post-Exertional Malaise (PEM) – ein Zustand, bei dem sich bereits leichte körperliche oder geistige Anstrengungen in einer dramatischen Verschlechterung der Symptome äußern: Erschöpfung, Muskelschmerzen, Konzentrationsprobleme und neurologische Störungen sind die Folge.

Nun konnten Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin, in Kooperation mit dem Zentrum für Herz-Kreislaufforschung sowie dem Deutschen Herzzentrum, einen möglichen biologischen Mechanismus entschlüsseln, der diese dauerhafte Muskelschwäche mitverursachen könnte: Ein erhöhter Natriumgehalt in den Muskelzellen der Betroffenen.

Was bedeutet ein erhöhter Natriumgehalt in der Muskulatur?

Natrium ist ein essentielles Elektrolyt im menschlichen Körper. Es trägt unter anderem zur Regulation des Flüssigkeitshaushalts, zur Reizweiterleitung in Nervenzellen und zur Muskelkontraktion bei. Das chemische Element mit dem Symbol Na und der Ordnungszahl 11 gehört zu den Alkalimetallen und kommt im menschlichen Körper hauptsächlich als positiv geladenes Ion (Na⁺) vor. Es spielt eine zentrale Rolle für die sogenannte Ruhepotenzialbildung der Zellmembranen und für das Aktionspotenzial, also die Signalweiterleitung im Nervensystem und den Muskeln.

Ein gestörter Natriumhaushalt – speziell eine Akkumulation von Natrium in der Muskulatur – kann die normale Funktion der Muskelzellen beeinträchtigen. Die Folgen: gestörte Energieproduktion, verminderte Leistungsfähigkeit und ein verlangsamter Regenerationsprozess nach Belastung. Genau das erleben viele ME/CFS-Patientinnen und -Patienten täglich – selbst kleinste Aktivitäten wie Treppensteigen oder Duschen können bereits zu starker Erschöpfung führen, die sich über Tage oder Wochen hinziehen kann.

Wie wurde diese Entdeckung gemacht?

Die Forschenden verwendeten eine spezielle Natrium-MRT, eine innovative Bildgebungsmethode, mit der sich der Natriumgehalt in Geweben präzise messen lässt. Dabei zeigte sich deutlich, dass die Muskelzellen von ME/CFS-Betroffenen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen signifikant mehr Natrium speichern – insbesondere nach körperlicher Belastung.

Diese Anreicherung scheint eng mit der Symptomatik der PEM zusammenzuhängen. Durch den erhöhten Natriumgehalt wird die zelluläre Homöostase, also das Gleichgewicht innerhalb der Zellen, aus dem Takt gebracht. Das beeinträchtigt nicht nur den Stoffwechsel der Muskelzellen, sondern auch deren Fähigkeit, sich zu erholen.

Was bedeutet das für die Therapie?

Diese bahnbrechende Erkenntnis öffnet neue Türen für die Behandlung von ME/CFS. Bisher existieren kaum zugelassene Therapien, und viele Ansätze blieben rein symptomatisch. Nun jedoch gibt es erstmals einen zielgerichteten Ansatzpunkt: Die Regulierung des intrazellulären Natriumspiegels.

Denkbar sind beispielsweise:

  • Medikamente, die den Natriumtransport beeinflussen (z. B. Natrium-Kalium-Pumpenmodulatoren)
  • Diätetische Ansätze, die die Natriumaufnahme verringern oder die Kaliumzufuhr erhöhen
  • Elektrolyttherapien, um das intrazelluläre Gleichgewicht zu stabilisieren
  • Physikalische Maßnahmen, die die Mikrozirkulation und die Gewebedrainage verbessern

Wo steckt Natrium in der Nahrung?

Wer seinen Natriumhaushalt beeinflussen möchte – ob präventiv oder therapeutisch – sollte vor allem auf den Salzkonsum achten. Denn das meiste Natrium nehmen wir über Natriumchlorid, also Kochsalz, auf. Besonders salzhaltig sind:

  • Wurstwaren (z. B. Salami, Frankfurter, Knackwurst)
  • Käse (insbesondere Hartkäse und Schmelzkäseprodukte)
  • Fertigprodukte (wie Tiefkühlpizza, Suppen, Snacks)
  • Brot und Gebäck
  • Salzstangen, Chips und Knabbereien
  • Fischkonserven und geräucherte Fischsorten
  • Pommes frites und Fast-Food

Ein bewusster Umgang mit diesen Lebensmitteln kann helfen, den Natriumspiegel im Körper besser zu kontrollieren – besonders bei ME/CFS-Betroffenen mit nachgewiesenem Natriumungleichgewicht.


Fazit

Die Entdeckung des gestörten Natriumhaushalts in den Muskelzellen von ME/CFS-Patientinnen und -Patienten ist ein großer Fortschritt in der Forschung zu dieser schwer belastenden Erkrankung. Zum ersten Mal wird ein konkreter pathophysiologischer Mechanismus sichtbar, der nicht nur zur besseren Diagnostik beitragen kann, sondern auch neue therapeutische Perspektiven eröffnet.

Die Hoffnung ist groß, dass diese Erkenntnis bald in wirksame Behandlungen umgesetzt wird – und den Betroffenen endlich eine Perspektive auf Linderung und Lebensqualität bietet.


About the Author:
Dieser Text wurde erstellt von einem Autorenteam mit besonderem Interesse an wissenschaftlich fundierter Gesundheitsaufklärung. Ziel ist es, komplexe medizinische Zusammenhänge verständlich und zugänglich für alle zu machen. Alle Informationen basieren auf aktuellen Forschungsergebnissen und seriösen Quellen.


Tags:

Comments are closed

Latest Comments

Es sind keine Kommentare vorhanden.